”Wir brauchen zielorientierte Berufsausbildung”
- Admin
- 23. Mai 2012
- 2 Min. Lesezeit
5 Fragen an: Anders Ferbe, seit Januar 2012 Vorsitzender der Gewerkschaft IF Metall

1. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit scheint eine Art Dauerproblem des schwedischen Arbeitsmarktes zu sein. Worin liegen Ihrer Ansicht nach die Ursachen hierfür? Eine der wichtigsten Ursachen dafür ist es, dass die schwedische Schule es nicht schafft, den Schülern eine adäquate Ausbildung zu geben. Sie reicht auch nicht, um den Bedarf der Industrie zu matchen. Wir brauchen ein umfassendes Maßnahmenpaket für zielorientierte Berufsausbildung, da etwa 20 % der Schüler jedes Jahrgangs ihre gymnasiale Ausbildung abbrechen. 2. Manche meinen, die relativ hohen Einstiegslöhne stellen eine Einstellungsbarriere dar und tragen so zum Problem bei. Ist da vielleicht etwas dran? Es gibt keinem selbstverständlichen Zusammenhange zwischen Lohnstufe und Arbeitslosigkeit. Spanien und Luxemburg zum Beispiel haben niedrige Einstiegslöhne, aber hohe Jugendarbeitslosigkeit. In Norwegen und Dänemark ist es umgekehrt. In diesem Zusammenhang sollte man betonen, dass es bei der aktuellen Erprobung von niedrigeren Einstiegsgehältern um tariflich vereinbarte Minigehälter geht, die im Fall IF Metall bei ca. 70% des Durchschnittslohns liegen. 3. Sie beziehen sich auf den im November 2010 von Ihrer Gewerkschaft und dem Arbeitgeberverband Teknikföretagen abgeschlossenen „Berufseinführungspakt“, um Jugendliche in die Metallbranche einzuführen. Die Anstellung wird mit weiterführender Ausbildung und Begleitung durch Mentoren kombiniert und die Jugendlichen bekommen mindestens 70 % des Mindestlohns. Welche Effekte können Sie von diesem Vertrag sehen? Der Berufseinführungspakt ist noch neu, und Arbeitsplätze mit den richtigen Voraussetzungen für die Kombination mit Ausbildung und Begleitung lassen sich nicht im Handumdrehen organisieren. Etwa zehn konkrete Absprachen wurden bisher getroffen und haben gute Effekte, alle Teilnehmer der Berufseinführung haben eine Stelle bekommen. Des Weiteren haben wir Volvos Versprechen, in den nächsten 3 Jahren 1.200 solcher Plätze einzurichten. 4. Ein anderes Reizthema ist die wachsende Bedeutung von befristeten Aushilfen und Zeitarbeit. Wie steht die IF Metal dazu? Innerhalb der von IF Metall abgedeckten Branchen haben wir keine stundenweise eingesetzten Aushilfen. Auch die Arbeitgeber wollen dass die Angestellten Vollzeit arbeiten. Dagegen haben wir ein wachsendes Problem mit befristeten Stellen und in manchen Fällen eine übermäßige Inanspruchnahme von Leiharbeit. 5. In dieser Ausgabe der Schweden aktuell beschäftigen wir uns mit der Kultur der partizipativen Unternehmensbeteiligung, z.B. durch Mitarbeiterbefragungen. Würden Sie sagen, dass Schweden da vorbildlich ist? Mitarbeiterbefragungen oder so genannte Mitarbeitergespräche gibt es in unserer Branche nicht in größerem Umfang. Dagegen haben viele Unternehmen gut entwickelte Lohnsysteme; man hat Gehaltsgespräche, in denen es auch darum geht, wie man sich in seiner Arbeit weiterentwickeln und eben auch mehr verdienen kann. IF Metall arbeitet auch mit einer Zielsetzung, die wir nachhaltige Arbeit nennen. Zu den Zielen gehört mehr Partizipation durch verbesserte Arbeitsorganisation und Kompetenzentwicklung. Volvo bildet Jugendliche aus Mit einem neuen Programm richtet sich der Volvo-Konzern besonders an arbeitslose Jugendliche. Das Programm soll im Herbst 2012 starten und über einen Zeitraum von 3 Jahren 1.200 Jugendliche ausbilden. Während des einjährigen Programms, das Theorie und Praxis kombiniert, erhalten die Jugendlichen eine Vergütung. Nach der Ausbildung sollen die Teilnehmer für eine Arbeit in der produzierenden Wirtschaft vorbereitet sein, innerhalb oder außerhalb des Volvo-Konzerns. Insgesamt werden etwa 45 Millionen Euro in das Projekt investiert.
Comments