Kolumne: Vorbild Deutschland
- Tomas Lundin
- 23. Mai 2012
- 2 Min. Lesezeit

Selten so glückliche junge Menschen gesehen wie im Musikvideo „Azubi-Song“ von Ikea. Zusammen mit der Gruppe Dockchair Orange rocken sie,was das Zeug hält und singen dazu „Oh, we found a home!“. Eine Ausbildung bei Ikea macht eben jede Menge Spaß, lässt das Möbelhaus auf seiner Homepage wissen. Spaß muss sein. Aber ist eine Lehrlingsausbildung auch wirklich noch zeitgemäß? Das Bild vom Lehrling, der immer nur Bier holt und nicht wirklich etwas lernt, ist sicher nicht mehr zutreffend. Nur, wird die Ausbildung im Betrieb den Anforderungen der modernen Wissensgesellschaft und dem globalen Konkurrenzdruck noch gerecht? Die Debatte läuft auf vollen Touren. Nicht in Deutschland, sondern in Schweden, wo die Jugendarbeitslosigkeit, das Schulsystem und die Berufsausbildung mit Sicherheit zu den heißesten Themen im Wahlkampf 2014 gehören werden. Denn im Vergleich zu Deutschland, Österreich und den Niederlanden ist die Arbeitslosigkeit in der Altersgruppe bis 25 Jahren in Schweden grob gerechnet drei Mal so hoch und auch deutlich höher als im Nachbarland Dänemark. Gemeinsam für diese Spitzengruppe der Länder mit Jugendarbeitslosigkeit unter oder knapp über 10 Prozent ist das System der Lehrlingsausbildung. Ob es auch die Ursache ist, steht auf einem anderen Blatt. Für die bürgerliche Regierung in Stockholm scheint es dennoch so etwas wie eine Wundermedizin zu sein. In einem Gesetzentwurf will Arbeitsmarktminister Hillevi Engström ein „System wie in Deutschland. Österreich und den Niederlanden“ einführen. Damit soll ein Hauptproblem des schwedischen Ausbildungssystems ausgeräumt werden: die Theorielastigkeit des Gymnasiums und die Fokussierung auf Ausbildungen, die zur Hochschulberechtigung führen.
Nicht nur für die Arbeitgeber ist dies ein Problem. Jugendliche, die durch die Schulraster fallen, haben es in Schweden noch schwerer als in Deutschland. „Wir nehmen auch junge Leute ohne Schulabschluss als Lehrlinge. In der Probezeit können sie zeigen was sie draufhaben“, sagte mir neulich Ulrich Reifenhäuser vom mittelständischen Weltmarktführer für Maschinen der Kunststoffverarbeitung, der Reifenhäuser-Gruppe. In Schweden wird ihnen diese Chance nicht gegeben.
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