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IKEA-Werbung, interkulturell betrachtet

  • Therese Sörman
  • 19. Okt. 2015
  • 3 Min. Lesezeit

Werbung für Kleidermarken verkauft schon lange keine Bekleidung mehr, sondern die wahrgenommene Persönlichkeitsvorstellungen ihrer Kunden. Die Marken wollen faszinierend sein und versprechen ein besseres Lebensgefühl. Marketing ist ein breiter Begriff; im Kern aber geht es um das Ziel der Unternehmen, ihre Kunden an ihre Marke zu binden.

Branding ist ein zentraler Teil des Marketing. Dazu gehört bei vielen Marken die Aufgabe, Lebensstile so darzustellen, dass sie zur Identifikation taugen. Wenn die (meist unbewusste) Frage des Kunden lautet „Wie will ich werden“ gibt das Branding ebenso unbewusst die Antwort: „So! Und zwar mit unseren Produkten.“ Wenn dieser Lebensstil nun explizit „schwedisch“ anmuten soll, wie im Beispiel von IKEA, muss dann die Kommunikation in verschiedenen Märkten nicht unterschiedlich ticken? Das haben wir uns in einem vergleich zwischen der deutschen und schwedischen IKEA-Werbung einmal angeschaut.

"Frisch, gesund, schwedisch"

Die gelbe und blaue Farbe des Logo der Möbelkette nimmt nicht zufällig die schwedischen Landesfarben auf. IKEA vermarktet einen schönen Alltag und ein besseres Leben. Auf der Webseite steht es ausdrücklich: „Viele Menschen verbinden mit Schweden eine frische, gesunde Lebensart. Dieser schwedische Lebensstil spiegelt sich im IKEA-Sortiment wider“.

Tatsächlich sind die Assoziationen mit einem schwedischen Lebensstil natürlich in Deutschland und in Schweden selbst nicht identisch. IKEA spricht die schwedische und deutsche Bevölkerung daher durchaus unterschiedlich an und arbeitet dafür auch mit nationalen Werbeagenturen zusammen. In Deutschland z. B. ist der IKEA-Mann bekannt, der mit einem lustigen schwedischen Akzent spricht. Ihn gibt es naturgemäß nicht in der schwedischen IKEA-Werbung. Die deutsche IKEA-Werbung spielt häufig mit Witz und Ironie und kann sich auch mal liebevoll über schwedische Traditionen wie „Die Mittsommerfeier“ oder „IKEA feiert Knut“ lustig machen. Die Mittsommerwerbung 2005 hat gar Empörung bei IKEA in Schweden erregt, da sie betrunkne Schweden in Trachten dargestellt hat. Die Werbung wurde nach heftiger Kritik zurückgezogen, allerdings hat sie auch in Schweden manchem ein Lächeln entlockt und wurde schon damals zum viralen Hit. Im Januar feiert IKEA Knut (auf schwedisch „Tjugondag Knut“).

Werbung: IKEA feiert Knut

Dann fliegen die Weihnachtsbäume raus, was die Werbung sehr plakativ in Bilder gesetzt hat. Der jüngste IKEA-Katalog wurde von einem Spot begleitet, in dem Literaturpapst Hellmuth Karasek das Werk wie eine literarische Neuerscheinung rezensiert – IKEA goes Hochkultur, sozusagen. "Eigentlich ist es ein Skandal, dass das meistverbreitete Buch der Welt mit einer Auflage von sage und schreibe fast 220 Millionen Exemplaren bisher nie rezensiert wurde" sagt er da, und kritisiert unter anderem genüsslich das „altmodisch-aufdringliche Du“ – in herrlicher Selbstironie der Werbetreibenden, die dieses IKEA-Du in Deutschland ja eingeführt haben. In Schweden dominieren andere Emotionen. Da gibt es eher heile Welt mit geschmackvoll eingerichteten Zimmern, praktischen Aufbewahrungslösungen und glücklichen Familien.

Grabarz & Partner und Forsman & Bodenfors

Das Cannes Lions International Festival of Creativity ist heute die weltweit bekannteste Veranstaltung der Werbebranche. Seit dem Gewinn ihrer ersten Cannes Lion 1991 haben IKEA-Anzeigen mehr als 50 Lions in allen Kategorien gewonnen. Grabarz & Partner und Forsman & Bodenfors, die beiden verantwortlichen Werbeagenturen, haben lange zusammen mit IKEA gearbeitet. Die Hamburger Agentur wurde 1992 gegründet und hat derzeit mehr als 200 Mitarbeiter. Sie zählt zu großen Kreativagenturen Deutschlands und arbeitet mit dem schwedisch anmutenden Motto „Participative Creativity“. Zu den Kunden gehören Größen wie Burger King, Volkswagen, Ecco, Deichmann. Doch IKEA hat einen ganz besonderen Status, denn es gehört zu den Gründungskunden von Grabarz & Partner. Aktuelle Beispiele sind die

IKEA-Werbung in Lübeck

Neueröffnungkampagnen des Ikea-Einrichtungshauses in Lübeck, Hamburg, Berlin, Bremerhaven und Kaiserslautern. Grabarz & Partner hat für IKEA die Städte bunt und fröhlich dekoriert. In Lübeck wurden ein Hausgiebel als Regal gebaut, Bilder an die Fassaden gehängt und Bäume mit blauen Ikea-Taschen verkleidet.

In Schweden haben IKEA und die preisgekrönte Werbeagentur Forsman & Bodenfors seit 1996 zusammengearbeitet. Heute ist sie die größte Werbeagentur in Schweden, mit bekannten Kunden wie H&M, Volvo Trucks, Marabou, Arla usw. Im Jahre 2013 gestaltetete das Büro den viralen Volltreffer „Epic Split“ für Volvo Trucks. In der Hauptrolle: Actionschauspieler Jean-Claude Van Damme. Der Film wurde mit seinem spektakulären Stunt zu einem der meistbeachteten Werbeclips der letzten Jahre. Der Spagat zwischen zwei fahrenden Lastwagen symbolisiert Präzision und Stabilität des Volvo-Trucks. Zusammen mit IKEA hat Forsman & Bodenfors die Werbung „Everyday Heroes“ (der die kleinen Dinge des Alltags feiert, die natürlich von IKEA stammen) und „Homemade is Best“ (Der den trend zum Selberkochen aufnimmt) kreiert.

Forsman & Bodenfors Werbung: Everyday Heroes

Erfolgreiche Werbung

IKEAs Marketing und Kommunikation ist stets sehr erfolgreich gewesen. IKEA denkt anders als andere Unternehmen, die oft zu einer zentralen Steuerung des Marketings neigen. Das Geheimnis des Erfolgs könnte in einer eher dezentrale Struktur und in den engen Beziehungen mit ausgewählten Werbeagenturen über viele Jahre liegen. Auch wenn, liebe Leser, eine Küche von IKEA nicht notwendigerweise zu einem schwedischen frischen gesunden Lebensstil führt.

 
 
 
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