Musicals in Schweden- Auf den Spuren von Björn und Benny
- Admin
- 28. Feb. 2017
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Große Gefühle, tolle Stimmen, glamouröse Show: Musicals sind in Schweden ebenso wie in Deutschland eine besonders beliebte Art von Unterhaltung. Doch während in Deutschland klare Trennungen zwischen den musikalischen Sparten bestehen, spielen in Schweden sogar die Opernhäuser Musicals. Die Malmöer Oper lockt ihre Zuschauer mit einem Spielplan, in dem jede zweite Aufführung ein Musical ist. Auch international hat das Musikexportland Schweden sich einen Namen in der Showindustrie gemacht. Der Ruf ruht dabei nicht zuletzt auf dem Erbe der ehemaligen ABBA-Mitglieder Björn Ulvaeus und Benny Andersson. Das Hit-Duo hat zusammen vier erfolgreiche Musicals geschrieben, die die schwedische Musicalbühne stark geprägt haben. Ihre Erfolge in der Szene begannen bereits international, als 1986 ihr Musical „Chess“ in London uraufgeführt wurde.
2002 wurde „Chess“ ins Schwedische übersetzt, kam in die Heimat seiner Erfinder und wurde im Cirkus-Theater in Stockholm aufgeführt. Sein Triumph auf heimischen Boden ist nicht zuletzt Tommy Körberg geschuldet. Der schwedische Musicaldarsteller gehört mit seiner langjährigen Erfahrung in Schweden und im Ausland zu den bekanntesten Darstellern seines Fachs. „Chess“ fand auch in Deutschland Anklang, wo es in Bielefeld und Chemnitz gespielt wurde und 2017 wiederaufgenommen werden soll. Die Story um zwei Schachspieler im Kalten Krieg bescherte der Welt außerdem den Ohrwurm „One Night in Bangkok“.
Musicalerfolge werden in Schweden gemacht

Björn und Benny zeichnen auch für einen Klassiker der Musicalgeschichte, der einen besonderen Platz in der schwedischen Volksseele eingenommen hat, verantwortlich. Mitte der Neunziger hatte „Kristina från Duvemåla“ seine Uraufführung in Malmö und katapultierte die Darsteller Helen Sjöholm und Peter Jöback in den Olymp der Musicalstars. Das Stück ist die kongeniale Vertonung des Nationalepos „Utvandrarna“ von Vilhelm Moberg und erzählt von den schwedischen Emigranten, die Mitte des 19. Jahrhunderts massenweise in die USA auswanderten. In Schweden und den nordischen Nachbarländern wurde und wird „Kristina från Duvemåla“ bis heute gespielt und auch dieses Werk erreichte ein internationales Publikum, als es ins Englische übersetzt in der Carnegie Hall in New York und der Royal Albert Hall in London gezeigt wurde.
Der ganz große Coup gelang Björn und Benny Ende des 1990ziger mit der Wiederverwendung ihrer ABBA-Hits. Seit fast zwanzig Jahren zieht das Phänomen „Mamma Mia!“ das Publikum in seinen Bann. In 13 Sprachen übersetzt, wird die Show seit der Uraufführung durchgehend in London gespielt und mit Aufführungen in Spanien, Australien, Belgien, Japan, Mexiko, Russland und Südkorea zählt der schwedische Musicalhit zu den erfolgreichsten Produktionen aller Zeiten. Allein in Deutschland sahen über fünf Millionen „Mamma Mia!“ in Hamburg, Stuttgart und Berlin.
„I love Musicals“
Der größte schwedische Musicalstar ist vermutlich Peter Jöback, zu dessen Engagements so prestigeträchtige Rollen wie „Das Phantom der Oper“ im Londoner West End und am Broadway gehören. Zusammen mit seinem weiblichen Gegenpart, der fast ebenso erfolgreichen Helen Sjöholm, bestreitet er die „I love Musicals“-Tour, die in ganz Skandinavien Halt macht und so auch Regionen ohne große Theater ermöglicht, teilzuhaben am Musicalhype.

Helen Sjöholm: Seit ihrem Durchbruch in „Kristina från Duvemåla“ spielte sie u.a. in „Chess“ und „My Fair Lady“ und ist als Sängerin des „Benny Andersson Orkester“ eine der beliebtesten Künstlerinnen in Schweden.
Private Musicaltheater kritisieren staatliches Engagement
Während die größten schwedischen Musicalhäuser Cirkus und Göta Lejon in Stockholm private Unternehmen sind, ziehen auch die städtischen Theater nach und produzieren Musicals so wie das Stockholmer Stadttheater, das jährlich mehrere Musicals auf die Bühne bringt. Außerhalb der Hauptstadt profilieren sich Häuser wie Uppsala Stadsteater, Wermlandsoperan, Göteborgsoperan, Norrlandsoperan und Växjö Teater mit Musicals.
Skåne, der südlichste Teil Schwedens, wartet mit besonders vielen Anbietern auf: Die Malmöer Oper und Musiktheater ist ein Beispiel einer Bühne, die durch öffentliche Mittel unterstützt wird und große Erfolge feiert. Auch die großen privaten Musicalproduzenten Nöjes- och Kulturbolaget und Julius Production AB haben ihren Sitz in südschwedischen Malmö und Alnarp.Aber zwischen den privaten und öffentlichen Akteuren schwelt ein Konflikt. Durch das starke staatliche Engagement im Musicalsektor werden die privaten Unternehmer vom Markt verdrängt, die Konkurrenzlage wird verzerrt, klagen die Betroffenen. Die privaten Produktionen sind deshalb in Skåne in den letzten Jahren stark gesunken.
Doch die Zukunft für Schwedens Musiktheater scheint gesichert: Ein ungewöhnliches aber erfolgreiches Beispiel in der Musicalszene von kleinerem Format ist das Victor-Rydberg- Gymnasium in Stockholm. Dort wird seit 20 Jahren jedes Jahr ein Musicalprojekt aufgeführt, in dem Schüler ein Musical interpretieren und im stadtbekannten Maximtheater spielen. Die aufwendige Produktion organisieren die Schüler komplett selbst. Vom Schauspielern, über das Orchester, Kostüm und Musik bis hin zur Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit - mit der Unterstützung von erfahrenen Betreuern und einem Regisseur bieten sie so eine professionelle Aufführung dar. Der Nachwuchs für Schweden Musicalexporte steht also schon in den Startlöchern.
aus: Schweden aktuell 2/17
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